von bozen über den garda see nach verona entlang der etsch

Erste Testfahrt entlang des Alsterlaufes in Hamburg

Bevor wir zur Reise starten wollen wir einen kleinen Umweg gehen, denn zur Reise gehören zwei kleine Geschichten. Zuerst gab es einen Unfall mit unserem Auto, bei dem wir mit unserem Fiat 500 einen Bus gerammt haben. Das ist weder klug noch kann man dabei irgendetwas gewinnen. Aber so kam es zu einer "kleinen" Reduktion im Urlaubsbudget. Statt nun frustriert auf dem Sofa zu sitzen und Schokolade in sich rein zu werfen wurden lieber mehrere Abende Google und Youtube ausgequetscht und so kamen wir auf die Etsch und auf einen der schönsten Radwege in Europa. 
Die zweite Geschichte ist die, dass wir alle den Film "Immer die Radfahrer" von Heinz Erhardt lieben. Wer ihn nicht kennt, sollte sich einen netten Abend im Puschenkino machen und den Film ansehen. Zum Beispiel gibt es ihn bei diesem Online-Buchhändler. Der Film ist thematisch überraschend zeitlos. Auch damals wurde schon über Entschleunigung oder die für die Eltern teilweise unergründlichen Verhaltensweisen der Jugend gesprochen und es gab ebenso die Illusion, das damals alles besser war. In dem Film von 1958 starten Friedrich Eilers (Heinz Erhardt), ein Likörfabrikant, Ulrich Salandt (Hans-Joachim Kulenkampff), ein berühmter Filmstar und Johannes Büttner (Wolf Albach-Retty), ein Gymnasialprofessor, auf ihren Fahrrädern eine Reise durch das Kärntner Land nach Burgsteinach.
Eines Abends saßen wir beim Abendbrot und unser Sohn sagte, dass wenn wir schon so eine Tour machen, denn aber bitte auf Rädern wie bei Heinz Erhardt. So ein Satz von einem Fünfzehnjährigen fällt bei uns natürlich sofort auf fruchtbaren Boden. Ein altes hellgrünes Hercules mit Torpedo Dreigang steht schon im Keller und wird seit Jahren für Ausflüge zu "unwichtigen" Orten in Norddeutschland genutzt. Wer war schon einmal beim tiefsten Punkt Deutschlands? Die nächsten Wochenenden wurden nun die Flohmarkte nach einem weiteren Rad mit Erfolg abgesucht. Zum Taschengeldkurs kam ein Elite Damenrad von 1964 dazu. Es stand in einem wirklich traurigen Zustand auf dem Flohmarkt und es wollte selbst bis zum Abend keiner haben. Uns hatte es sofort begeistert, denn die Aufkleber, Decals und Farbe waren herrlich und alles war im Originalzustand. Sogar die Lenkergriffe waren noch nie gewechselt worden. Schnell waren die Lager gefettet, die Schaltung repariert und alles poliert. 
Die erste Testfahrt ging zur Arbeit entlang der Alster. Der Sattel drückt, richtig rollen mag es nicht, die Geometrie ist eher Autsch und die Bremsen überzeugen durch vielseitige Geräusche und nicht durch kurze Bremswege. Also, alles perfekt und wir können starten.

Der Weg zurück über Eimsbüttel, Lokstedt, Fühlsbüttel (mit einigen wunderbar gut versteckt liegenden Schrebergartensiedlungen), das Niendorfer Gehege, Langenhorn und Norderstedt war Testlauf zwei. Obwohl man sich in der Stadt Hamburg bewegt, ist es oft total Grün und man radelt zum Beispiel entlang der Tarpenbek, so dass man sich eher wie auf dem Land fühlt.
36 Kilometer später sieht die Welt schon anders aus. Gelernt habe ich, dass man auf alten harten Sätteln nie mit schwerem Rücksack fahren sollte. Das zusätzliche Gewicht macht sich recht schnell bemerkbar und da wir nicht zehn Tuben Wundsalbe mitnehmen möchten, muss alles in die Satteltaschen. 
PS: Wenn man langsam aber sich er älter wird, wird der Körper scheinbar intoleranter gegen geringer Abweichungen vom Ideal. Zumindest meldet mein Knie am nächsten Morgen, dass es deutlich andere Vorstellungen von der Fortbewegung hat. Aber das kenne ich schon und werde wie gewohnt mit Sätteln, Kurbeln und der Geometrie spielen, um es doch halbwegs hin zu bekommen. 

Zu Besuch bei Heinz Erhardt in Ohlsdorf

Heinz Erhardt Ohlsdorf Ohlsdorfer Friedhof Hamburg

Die letzte Fahrt in Hamburg führte an den Ursprung unserer Idee. Wir sind nach Ohlsdorf geradelt, um das Grab von Heinz Erhardt zu besuchen. Es liegt etwas versteckt auf dem großen Friedhof. Nur kurz vor dem Grab gibt es überhaupt ein Hinweisschild und wir haben es am Ende nur durch Google Maps gefunden. Nett ist, dass es neben dem Grabstein eine kleine Gedenkstätte gibt die mit Gedichten von Heinz Erhardt geschmückt ist. So macht auch der Besuch an einem Grab Spaß und man freut sich über die unglaublich tollen Reime.

Garmin Edge Touring: meine Bewertung

Garmin Edge Touring Bewertung Test

Von diesem Navi hatte ich mir echt mehr versprochen. Wenn man die Wege etwas kennt, merkt man schnell, wie oft es an den schönen Strecken vorbeifährt und einen an langweiligen Hauptstraßen radeln lässt. Und das, wo nur wenige Meter daneben schöne Fahrradwege gibt. Viele Wege kennt es einfach gar nicht. Das schrägste habe ich auf einer seit Jahren ausgewiesenen Fahrradstraße in Hamburg erlebt. Es findet perfekt den Einstieg in die Fahrradstraße, um einen dann kurz danach rechts auf eine vierspurige Hauptstraße zu leiten und dann nach 700 Metern wieder zurück auf den Radweg zu lenken. Sowas ist echt Müll. Benutzt man zum Vergleich Google Maps, ist dieses viel exakter und findet auch viel schönere Fahrradwege. Das Geld hätte ich mir echt sparen können, zum Glück war es gebraucht. Einziger Vorteil ist die Akkulaufzeit. Mit 7-8 Stunden ist man wirklich gut dabei und bis zum Tagesziel auf der sicheren Seite. Das man bei strahlendem Sonnenschein das Display nicht so gut lesen kann ist technisch bedingt normal, denn sonst würde der Akkuverbrauch dem des Handy ähneln.

Packzeit und ein gutes Essen

Weniger ist mehr. Das sagt sich so leicht. Jeder hat nur zwei Satteltaschen und mehr nicht. Da das Wetter auch etwas Regen angekündigt hat muss man schon genau überlegen was man mit nimmt und was man zu Hause lässt. Auch gewichtsmäßig wollen wir die alten Felgen nicht überlasten, denn ein Speichenbruch muss nicht sein. Von den Steigungen reden wir am besten jetzt noch gar nicht :-)

Im Moment kochen wir uns durch das Buch Body Kitchen von von Flying Uwe, Flavio Simonetti und Rafael McStan. Wenn man keinen Sport dabei macht, sollte man sich nicht wundern, wenn die Fernbedienung bald wieder auf der höchsten Erhebung des Körpers pendelt und den Blick auf den Fernseher versperrt. Als absoluter Gegentrend zum derzeit gerne durch alle Zeitschriften gejagten Kohlenhydratverzicht wird hier das zu sich genommen, was sich die Muskulatur bei ordentlicher Belastung als Energieträger wünscht. Wenn man dabei auf die Qualität und Herkunft der Zutaten achtet, dann macht das richtig Spaß. 

Wir kochen nach dem Buch Body Kitchen

Bozen bekommt beide Daumen hoch

Unsere Übernachtung ist eher einfach aber super nett. Wir dürfen sogar die Räder mit auf das Zimmer stellen. Zum Frühstück gibt es nur trockenes Zwieback was bei LinusundmireineStundespäterdeutlichen Hunger auslöst. Aber das ist in Bozen kein Problem denn es gibt viele Cafes und kleine Restaurants. 
Da Markt ist radeln wir erst dort hin. Gegenüber denen vielen Ramschmärkten sind wir wirklich überascht. Viele Lebensmittel und auch ordentliche Klamotten und nicht nur Fake. 
In Bozen fällt einen die hohe Dichte an Schuhgeschäften auf. Meine Frau ist begeistert. Minuten vor meinem mentalen Schuhgeschäftstiefpunkt entdecken wir ein Sportgeschäft über sieben Etagen. Die Auswahl an Radklamotten gibt es in ganz Hamburg nicht. Definitiv ein Top Laden.
Lobenswert sind die tollen Radwege. Wo Hamburg nur mutlos mit etwas Farbe dünne Striche auf den Asphalt malt, werden hier zweispurige Radwege gebaut. Die sind sogar oft duch Grünstreifen deutlich von der Straße abgegrenzt. Wenn Die Hamburger Stadt so gerne sagt, dass geht nicht, so sieht man hier, das es auch bei alter Bausubstanz doch geht. Man muss wie immer nur wollen.

Von Bozen nach Auer und zum Kalterer See.

Der erste Teil der Strecke geht aus der Stadt raus und ist eher unspektakulär. Auffallend ist, das es nicht zum viel Speckgürtelindustrie gibt und die Landschaft gleich sehr schön wird. Das Auto haben wir am Friedhof geparkt, denn in der Stadt sind Parkplätze rar oder teuer.

Da es Sonntag ist, wird der Radweg gerne genutzt und ich glaube wir haben in einer Stunde bereits alle De Rosa Rennräder der letzten zwanzig Jahre gesehen. Dazu viele Colnago, Tommasini, Motta, Moser, Coppi, Olmo, Bottecchia, Pinarello und Bianchi. Das war eine echte Zeitreise durch Jahrzehnte des Italienischen Rahmenbaus. Mit anderen Worten: Wunderbar.
Im Auer übernachten wir in der Villa Groff. Die Besitzer sind sehr nett und man sehr freundlich empfangen. Optisch vielleicht eine Spur zu kitschig, passt alles doch irgendwie zusammen und das Essen ist klasse. Die Küchenkräuter wachsen direkt hinter der Küche im Garten und beim vorbeigehen nascht man Rosmarin oder Thymian. Wir genießen den Pool, die Sauna und die beiden Jacuzzis. Unser Sohn geht sogar noch in den Fitnessraum. Wir freuen uns derweil an zwei Hugos und schauen den Hühnern auf dem Rasen beim picken zu. Wer sein Radel gerne sicher parkt, den wird die große Garage im Keller wirklich begeistern. Als ich noch die Reifen aufpumpen wollte entdecke ich dazu die Luftdruckanlage. Das nenne ich wirklich fünf Sterne-Service. Wie oft hat man eher gesammelte Restepumpen oder blickt auf trauriges Werkzeug aus dem sechzehnten Jahrhundert.
Morgens gibt es übrigens fünf Sorten Berghonig und eine unglaublich große Auswahl an anderen leckeren Dingen, so dass in kurzer Zeit genügend Energieträger gespeichert sind. Wenn man ehrlich wäre, würde die Menge für 200 Kilometer reichen. Sogar eine Chilimühle steht auf dem Tisch.
Da wir noch am Nachmittag noch Zeit haben radeln wir zum Kalterer See. Man sollte unbedingt gleich hinter dem auslaufenden Berg in den ersten schmalen Weg einfahren. Da fehlt zwar die Auszeichnung oder überhaupt ein Straßenschild aber die Strecke führt auch zum See, ist total ruhig und fast ohne Autos.
Am Kalterer See erwarten einen einige Lokale direkt am Wasser. Obwohl eine sonniger Sonntag ist, ist aber nicht zu viel los und man bekommt problemlos einen Tisch direkt am See. Wer will kann Tretboot fahren oder stand up padelling versuchen. Die Rückfahrt auf der anderen Seeseite führt durch Weinberge und man sollte versuchen solange wie möglich die Landstraße zu meiden denn die ist recht stark befahren. Man schafft es bis fast ins Tal auf den Nebenwegen und fährt nur ganz am Ende ein Stück auf der Landstraße. 

Von Auer nach Trient

Die Radstrecke geht bis kurz vor Trient komplett auf einem Wall lang. Ab und an kommt man recht nah an die Autobahn ran aber es ist doch deutlich leiser als wir vorher gedacht haben. Wieder prägen Obst und Wein das Landschaftsbild. Wobei man merkt das die Obstflächen langsam weniger werden und der Wein die Überhand gewinnt. Der Baustil ändert sich und man fühlt sich mehr wie in Italien. Auch die Sprachgrenze müssen wir irgendwann passiert haben, denn nun wird fast ausschließlich Italienisch gesprochen. Auf der Strecke nach Trient gibt es mehrere gute Rastplätze und Restaurants, so dass man unmöglich verhungern oder verdursten kann.

Waren gestern am Sonntag noch tausende Rennradfahrer unterwegs ist es heute eher ruhig und ab und an trifft man fernreisende Senioren auf E-Bikes.
Kurz vor Trient geht der Weg etwas im Zickzack. Er ist aber gut ausgeschildert und man erreicht problemlos die Stadt. Wir hatten auf dieser Strecke teilweise heftigen Gegenwind und mussten ganz gut kurbeln. Von anderen Radreisenden haben wir gehört, dass es kurz vor Trient wohl öfters sehr windig ist und man versuchen sollte recht früh am Tag dort anzukommen, weil dann der Wind noch gemäßigter ist.
Eine erste kleine Panne hatten wir mit der einen Schaltung die hakte. Hier half unser Massageöl und schon klacken die Gänge der Torpedo Dreigang wieder. Gegen Ende der Tour stellt die eine Torpedo-Schaltung aber den Dienst fast komplett ein. Das sieht Zuhause nach einer Reparatur aus.

Trient.

In Trient übernachten wir im Al Cavour 34. Die "Herbergsmutter" ist super nett, gibt viele Tipps und spricht viele Sprachen. Die Zimmer sind reduziert, stilvoll eingerichtet und in einem Top-Zustand. Beim Frühstück gibt es einen selbst gebackenen Kuchen. Die Räder parken sicher in einem Gewölbe unter dem Haus.

Die Stadt ist nicht überlaufen und man kann ganz entspannt durch die Gassen schlendern, shoppen, Eis essen, Espresso trinken und die Gebäude bestaunen. Einige sind mit beeindruckenden Gemälden versehen. Lohnt also wirklich. Die Pizza am Abend ist überraschend gut und das obwohl im Restaurant mehr Touris als Einheimische sitzen.

Von Trient zum Garda See über Riva nach Sirmione.

Nach dem genialen Frühstück geht es bei strahlender Sonne zurück an die Etsch. Der Weg ist gut ausgeschildert und wer es auf dieser Strecke schafft sich zu verfahren, hatte am Vorabend nur zu viel Vino. Der Teer ist ohne jegliche Frostschäden, so dass man auch mit dem Rennrad eine perfekte Trainingsstrecke hätte. Heute treffen wir nur wenige E-Biker, sondern viele ältere Herren auf vielen wunderschönen Rennrädern. Passt alles perfekt in die Landschaft. Die Strecke führt durch Weinstöcke und ein kleinere Orte. 

Wir verlassen die Etsch und nehmen dem geplanten Umweg zum Garda See. Die Abzweigung ist ebenfalls nicht zu verfehlen. Auf diesem Abschnitt muss man etwas kurbeln und man merkt das Gewicht der alten Räder und der Satteltaschen. Es ist aber alles im grünen Bereich und macht Spaß. Die Anstiege sind auch selten lang, so dass man nie mit hochroter Birne ans Limit kommt oder vor Atemlosigkeit keinen Blick mehr für die Landschaft hat. Die Luft duftet nach Jasmin und der Baustil der Häuser ist jetzt einheitlich italienisch.
Die härteste Probe für die alten Räder ist die Abfahrt nach Torbole runter zum Garda See. Es ist recht steil und die Bremsen kommen über ihre Leistungsgrenze. Sie werden kochend heiß und das Lagerfett fliegt durch die Gegend. Also wird auf der Hälfte der Abfahrt eine Pause eingelegt und der Blick genossen. Da wir bei dem einen Rad das weiterhin tropfende Lagerfett stoppen wollen, sprühen wir Wasser aus der Trinkflasche drauf. Sicherlich nicht so gut für die Teile doch Lager ohne Öl können wir auch nicht gebrauchen. Das Wasser verdampft sofort und es steigt weißer Qualm auf. Sieht echt beeindruckend aus. Das Lagerfett hört nun zum Glück auf das Lager zu verlassen. Bei so was merkt man erst was Bremsen so leisten und welche Temperaturen erreicht werden. 
Unten am See wird zu Belohnung ein Eis verdrückt. Wir bleiben in Torbole an der Bootshaltestelle und fahren nicht mehr das kleine Stück bis Riva.
Per Boot geht es dann mit mehrmaligem Umsteigen über Malcesine, Garda, Bardolino  und Lazise bis Sirmione. Das Umsteigen ist überhaupt kein Problem, die Besatzung hilft immer mit und es sind einige Radler unterwegs. Verwunderung und lustige Gespräche lösen unsere alten Räder immer wieder aus. Klar, einige Carbonfanatiker würdigen uns keinen Blickes aber die die Spaß am Radfahren haben und nicht immer nur auf den Teer und den nächsten Gegner vor sich blicken, verstehen sofort was wir tun.

Bei Aussteigen in Sirmione triftt einen der Schlag. Ich war das letzte mal vor über dreißig Jahren hier und hatte in meiner verträumten Erinnerung einen wunderschönen lauschigen Ort gespeichert. Das hatten die 3,5 Millionen anderen Touristen scheinbar auch. Die Gastronomie hat sich auf den Ansturm eingestellt und überall stehenden unzählige Tische. Es ist mehr als beeindruckend, wie so ein kleiner Ort mit den Massen an Touristen fertig wird. Von Idylle und netten kleinen Restaurants bleibt dabei natürlich nichts übrig. Trotzdem Hut ab vor der Leistung, denn der Ort sieht nach wie vor nett aus und er ist von Beton-Bettenburgen verschont geblieben.
Der Eingang zu unserem B&B liegt versteckt und mit einem Mini-Schild versehen direkt zwischen zwei Restaurants am Hauptplatz. Wir dürfen die Räder wieder mit auf das Zimmer nehmen.
Wir stromern erst Abends durch die Gassen und zur Burg, weil dann die meisten Touristen Sirmione verlassen haben. Das Essen ist "ok" und entspricht mehr einer gut geführten Systemgastronomie oder Großkantine. Aber immer noch besser als schlecht gekocht. Abraten möchten wir von den "Fancy" aussehenden Eisdielen am Ortseingang. Das Eis hat eine beeindruckende Größe und das war es damit auch schon. Es schmeckt synthetisch und nach Pseudofrucht. 

Sirmione und Desenzano.

Wir beginnen den nächsten Tag früh, denn so kann man Sirmione ebenfalls noch ohne den Massenansturm von Touristen ansehen. Eigentlich richtig hübsch hier. Beim Blick in die Therme erfahren wir das es dort ein latenight Angebot gibt. Die Therme soll dann fast leer sein. Damit steht schon mal das Abendprogramm.

Zurück im B&B greifen wir unsere Räder und schieben sie durch die uns nun entgegenkommenden Menschenmassen raus aus dem Ort. Die Besitzer der Restaurants und Eisdielen sind definitiv alle Milliardäre und wir gönnen es ihnen, denn die täglichen Horden an Badelatschen und Motiv-T-Shirts muss man erst mal über sich ergehen lassen. Wem noch Inspirationen für das nächste Tattoo fehlen, hier bekommt man alles geboten was das Herz begehrt.

Wir radeln ein Stück und ist es bereits nach wenigen hundert Metern ruhig und schön. Sirmione kann man also wie Schloss Neuschwanstein oder Rothenburg ob der Tauber sehen. Dort drängeln sich alle, machen Fotos und drei Meter weiter, ist kein Tourist mehr zu sehen. 
Wir setzen uns ins nächste Strandkaffee und blicken bei chilliger Loungemusik über den See. Dort lassen wir die Zeit treiben, essen noch eine Kleinigkeit und fahren dann nach Desenzano. Hier gibt es das beste Eis der ganzen Tour. Der Fruchtanteil ist hoch und der Geschmack ist volle Punktzahl. Auch der Espresso im stehen ist gut. Nicht scharf oder wässrig, sondern mit gutem Aroma. So macht reisen Spaß. Die Radstrecke zwischen den Orten ist eher so lala und teilweise muss man auf der Straße fahren aber man kommt gut voran.
Die Therme am Abend ist der Hammer. Das Wetter ist perfekt, die Touristen alle weg und die Saunen und Bäder klasse. Wenn man dann mit dem Bademantel am See steht, ist das einfach großartig. Das wohlige Gefühl und die gesamte Abendstimmung könnten nicht besser sein. Also, dicke Empfehlung und jedem zu empfehlen der so was mag. 

Von Sirmione auf Strada Bianche nach Verona.

Auf dieser Strecke gibt es zwar viele Radwege aber diese kreuzen wir eher und trotz Recherche haben wir keinen geschlossenen Gesamtweg für diesen Tag gefunden. So verlassen wir uns auf das Garmin Edge und folgen ihm bedingungslos. 

Der Weg geht viel auf und ab und man würde einige Abzweigungen im Leben nicht nutzen aber es lohnt. Oft geht es nur ganz kurz auf über befahrene Hauptstraßen, um dann gleich wieder über Feldwege entlang von Weinreben und vorbei an Bauernhöfen zu fahren. Wie immer dieser Weg errechnet wurde, er macht Spaß. Wer nicht gerne über losen Kies fährt, der sollte allerdings eine andere Strecke wählen. Die Fahrräder werden auf den Wegen langsam weiß und es erinnert an die Le Eroica in der Toskana. Die Landschaft erweckt sowieso den Eindruck, dass man eher in der Toskana oder Umbrien ist. Also ebenfalls Daumen hoch. 
In Verona muss man erst durch den Industriegürtel. Radwege fehlen total und man drängelt sich auf vierspurigen Schnellstraßen mit zahlreichen LKW. Das macht definitiv kein Spaß und ich frage mich, ob das unerfahrener Radler überleben können. Der Abstand zwischen zügig fahrenden LKW und den Satteltaschen beträgt oft nur Millimeter und kaum einer nimmt Rücksicht. Hier stören Radfahrer und das lässt man einen spüren. Ich kann mir gar nicht vorstellen das dies der einzige Weg in die Stadt ist. Wir würden auf jeden Fall lieber einen Umweg in Kauf nehmen anstatt über solche Straßen zu fahren.
Zur Belohnung strahlt Verona in der Abendsonne und das Essen ist so genial, dass wir beschließen am nächsten Abend dort wieder hin zu gehen. Es gibt handgemachte "Bulletten" mit Fisch, Gemüse und Fleisch, dazu eine Aufschnittplatte mit selbst gebackenen Brötchen und danach Polente mit Steinpilzen. 
Noch ein Satz zu der Dusche in der Unterkunft. Man muss sich vorher überlegen ob man die Arme oben oder unten haben möchte :-) Mit dem Rücken kommt man bei jeder Bewegung an den Hebel und es gibt dann die Auswahl aus den Überraschungen: heiß, kalt oder aus. Ansonsten ist auch diese Unterkunft sehr sauber und alle sind freundlich und hilfsbereit. 

Verona.

Verona ist wirklich sehenswert und ein Tag ist definitiv zu wenig. Auf dem Pizza delle Erbe mit der Arena von Verona haben wir ein Führung durch die Arena gebucht. Die Stunde geht schnell rum und man erfährt viele Dinge zu dem Bau, den Gladiatoren und der Zeit, in der sie gebaut wurde. Beim nächsten mal werden wir noch Museen dran hängen aber an einem Tag schafft man einfach nicht mehr. Wir besuchen noch die Gräber der Scaligeros, Julia Balkon, den Torre dei Lamberti und wandern über die verschiedenen Brücken. Am Abend haben wir über 20 Kilometer zu Fuss hinter uns. Als Fahrradbegeisterte besuchen wir natürlich noch Chesini. Hier sind nicht nur viele Fahrräder und Bekleidung zu bestaunen bzw. kaufen, sondern die Räume sind auch einen Besuch wert. An den Wänden befinden sich urlaute Malereien die liebevoll restauriert sind. Da man zwischen den Räumen wegen der Malereien keinen Durchbruch schlagen wolle sind es sozusagen zwei Geschäft. Kommt man aus der Stadt befinden sich die schöneren Malereien bei Chesini in dem zweiten Eingang. 
Auch moderne Bikeläden wie Twelve gibt es und wer ein hippes Singlespeed und passende Klamotten sucht, ist dort richtig. Die Musik kommt ebenso passend über den Plattenspieler.

Chesini

Fahrräder in Verona - was für schöne Marken.

Als wir durch Verona laufen, fällt einem die Vielzahl an Rädern und Herstellern auf. Von einigen hat man noch nie gehört. Einige Logos und Räder sehen so toll aus, dass man am liebsten auf den Eigentümer gewartet hätte, um ihm das schöne Stück abzukaufen. 

Tschüss Verona, tschüss Südtirol und auf nach Hamburg.

Irgendwann hört auch die schönste Tour auf. Zeit für ein kleines Resümee. Die Orte wie Bozen, Trient, Rovereto und Verona sind alle eine Reise wert und man kann in allen viel mehr Zeit verbringen. Die Radwege waren (bis auf die Einfahrt nach Verona und da waren wir und das Garmin Navi vielleicht auch nur zu doof um eine bessere Strecke zu finden) perfekt ausgeschildert und in einem sehr guten Zustand. Wir hatten auf jeden Fall zu viel Kartenmaterial mit.
Das gastronomische Angebot ist ein Genuss und man kann jeden Tag zwischen einer Vielzahl an Gerichten wählen. Beim Frühstück sind einige Unterkünfte nicht auf Müsli, Ei und Brötchen eingestellt aber das sollte einen nicht stören. Hier passt man sich einfach dem Land an und wer immer alles wie Zuhause haben möchte der verwischt das Schöne an den kleinen regionalen Unterschieden. Einfach genießen und entdecken, jede Kultur hat eine Geschichte und man kann sich öffnen und lernen.
Die Menschen auf unserer Tour waren auffallend freundlich und gut gelaunt. Ob es am guten Wetter lag oder einfach das Naturell ist, werden wir gerne freiwillig wieder testen.
In allen Unterkünften waren wir als Radfahrer willkommen und auch wenn es ab und an zuerst keine Möglichkeit gab die Räder sicher unterzubringen, war immer schnell eine Lösung gefunden. 

Die Landschaft ist mit den Bergen, Burgen, kleinen und großen Orten, dem Obst- und Weinbau, den Seen und dem Flüssen perfekt für eine Radtour. Wer eine etwas längere Strecke fahren möchte kann schon vor Bozen beginnen. Ebenso muss Verona nicht das Ziel sein, sondern die Toskana oder Venedig liegen in erreichbarer Entfernung.
Es war schön würde es am Ende nicht annähernd umschreiben. Das beste was man sagen kann ist, dass wir alle wieder eine Tour fahren werden.